Ulm galt als Favorit für die deutsche Forschungsfabrik für Batteriezellen. Der Zuschlag allerdings ging nach Münster. Die zuständige Bundesforschungsministerin Anja Karliczek erklärte diese Entscheidung bei einem Besuch in Ulm.
Die Wissenschaftsstadt ist ein international führendes Zentrum der elektrochemischen Energieforschung: Am Helmholtz-Institut Ulm (HIU), das vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in Kooperation mit der Ulmer Universität gegründet wurde, an der Universität Ulm sowie am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an hochleistungsfähigen und umweltfreundlichen Energiespeichern der Zukunft. Von diesen – nicht zuletzt für die klimafreundliche Elektromobilität und Energiewende bedeutenden Forschungsaktivitäten – hat sich die Bundesforschungsministerin bei ihrem Besuch überzeugt.
„Die Begeisterung der Ulmer Forscher für ihre Themen hat mich sehr beeindruckt. Ulm ist einer der wichtigsten Standorte für die Batterieforschung in Deutschland mit großer Zukunft. Unter dem Dach der Forschungsfabrik Batterie werden wir weiter daran arbeiten, deutschlandweit alle Kompetenzen zusammenzuführen und den Transfer der Ergebnisse in die Wirtschaft zu beschleunigen. Ulm hat eine breite Expertise, etwa bei der Produktionsforschung oder bei zukünftigen Batteriekonzepten. Deren weiteren Ausbau werden wir auch künftig unterstützen.“ – Anja Karliczek, Bundesforschungsministerin, bei ihrem Besuch in Ulm
Gut zwei Wochen nach der Entscheidung für Münster als Standort einer Forschungsfabrik für Batteriezellen hat Karliczek Ulm einen „substanziellen zweistelligen Millionenbetrag“ in Aussicht gestellt, um weiterhin zu Batterien und Akkus forschen zu können. Es habe bereits erste Gespräche mit der Landesregierung über Investitionen für die weitere Förderung der Entwicklung moderner Batterien in Ulm gegeben. Ausschlaggebend für die Entscheidung für Münster seien die Exzellenz der Forschung, der volkswirtschaftliche Nutzen und der gesamte Prozess der Batterieproduktion einschließlich des Recyclings gewesen. Vor allem bei letzterem sei Münster im Vorteil gewesen.
Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) forderte konkrete Zusagen Karliczeks ein. Ulm und Karlsruhe müssten beim bundesweiten Dachkonzept zur Batteriezellforschung „auf Augenhöhe einbezogen werden“, erklärte sie einer Mitteilung zufolge. „Bereits bestehende Förderzusagen für Projekte, die wir längst in der Pipeline haben, nur zu wiederholen, wird hier nicht ausreichen.“ Baden-Württemberg erwarte vom Bund „ein nennenswertes, zusätzliches Engagement, das mehr als ein Trostpflaster ist“.
Karliczek rief die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller sechs an dem Wettbewerb beteiligten Städte zur Zusammenarbeit auf. Nur so habe Deutschland eine Chance, den Rückstand gegenüber Asien bei der Produktion von Batteriezellen aufzuholen.
Die gesamte Entwicklungskette der Batterieforschung
Auf dem Ulmer Campus decken die Partner Universität Ulm, ZSW sowie das HIU die gesamte Entwicklungskette der Batterieforschung ab. Bundesministerin Karliczek startete ihren Besuch im ZSW, das mit 30 Jahren angewandter Batterie- und Brennstoffzellenforschung die Brücke in die Praxis schlägt. Vom Material bis zur Zelle, von der Labor- bis zur Pilotproduktion automobiltauglicher Lithium-Ionen-Zellen, von der Systemtechnik bis zum Batteriefunktions- und Sicherheitstestzentrum hat sich am Institut eine umfassende Forschungs- und Entwicklungskompetenz etabliert.
Die Leiterin der ZSW-Batterieforschung, Dr. Margret Wohlfahrt-Mehrens, stellte Schwerpunkte der Aktivitäten vor und führte die Ministerin durch das Labor für Batterietechnologie mit der Forschungsplattform für die industrielle Produktion von großen Lithium-Ionen-Zellen (FPL). Die Plattform ist bereits seit fünf Jahren in Betrieb und stelle eine in Europa einzigartige Möglichkeit zur seriennahen Erforschung der Fertigung von großformatigen Batteriezellen dar. „Ulm bietet ein exzellentes Forschungsumfeld für Batterien – von den elektrochemischen Grundlagen bis zur vorseriellen Prototypfertigung“, so Wohlfahrt-Mehrens. „Jetzt ist es unabdingbar, die Forschungsproduktionslinie und das gewonnene Know-how am Standort Ulm kontinuierlich weiter auszubauen, mit dem klaren Ziel eines schnellen Ergebnistransfers in die Industrie.“
Weiterhin besuchte Karliczek das Helmholtz-Institut Ulm, in dem Grundlagen für den mobilen und stationären Einsatz von Energiespeichern erforscht werden. 2011 haben das KIT als Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft und die Universität Ulm das Institut gegründet. Assoziierte Partner sind das ZSW sowie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Um die strategische Zusammenarbeit bei der Batterieforschung weiter auszubauen, wurde 2018 außerdem CELEST gegründet, die größte deutsche Forschungsplattform für elektrochemische Energieforschung. Im „Center for Electrochemical Energy Storage Ulm & Karlsruhe“ (CELEST) bündeln KIT, Uni Ulm und ZSW ihre Kompetenzen.
Mit den Bereichen Lithium-Ionen-Technologie, Energiespeicherung jenseits von Lithium sowie Alternative Techniken zur elektrochemischen Energiespeicherung deckt CELEST dabei alle relevanten Forschungsbereiche der elektrochemischen Energiespeicherung ab.
„CELEST ist eine der größten und aktivsten Forschungs- und Entwicklungsplattformen weltweit. Sie bietet einzigartige Möglichkeiten für die Forschenden an den Standorten, eine hervorragende Ausbildung ihrer Studierenden, die Entwicklung von Batteriezellen sowie einen effizienten Know-how- und Technologietransfer in die Industrie.“ – Professor Maximilian Fichtner, CELEST-Direktor
Der erste große Erfolg der Plattform ist das bei der Exzellenzstrategie eingeworbene Cluster „Post Lithium Storage“ (POLiS). Das deutschlandweit einzige Exzellenzcluster im Bereich Batterieforschung wird für zunächst sieben Jahre mit rund 50 Millionen Euro gefördert. An den Standorten Ulm und Karlsruhe erforschen die Clustermitglieder leistungsstarke und nachhaltige Batterietechnologien, die ohne die endlichen Elemente Lithium und Kobalt auskommen.
Die hohe Relevanz der gemeinsamen Aktivitäten in der Batterieforschung betonte auch Professor Oliver Kraft, Vizepräsident für Forschung am KIT: „Elektrochemische Speicher für Mobilität und zur Gewährleistung der Netzstabilität sind eine Schlüsseltechnologie unserer Zeit. Wie schnell wir in diesen Fragen vorankommen, ist entscheidend für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft Deutschlands.“
„Am Standort Ulm ist die Batterieforschung traditionell stark“
Der Ulmer Universitätspräsident Professor Michael Weber sprach bei dem Besuch der Wissenschaftsministerin ein Grußwort und betonte: „Am Standort Ulm ist die Batterieforschung traditionell stark. In den letzten Jahren ist um die Universität ein einzigartiges Forschungsumfeld entstanden. Darüber hinaus bündeln international führende Forschende ihre Expertise rund um Batterien – auch standortübergreifend – in der Forschungsplattform CELEST. Jetzt und in Zukunft kommen wichtige Impulse zur Entwicklung leistungsfähiger Batterien für Elektromobilität und Energiewende aus Ulm“, so Weber.
Quellen: Automobilwoche – Forschungsministerin Karliczek: „Ulm wird Hauptstandort der Batterieforschung bleiben“ // ZSW – Pressemitteilung vom 15.07.2019