Ab 2021 müssen Autohersteller die Daten zum realen Spritverbrauch ihrer Fahrzeuge an die EU übermitteln. Die Überwachung des Kraftstoffverbrauchs von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen soll mehr Transparenz schaffen und die Hersteller zu realistischeren Angaben beim Verbrauch drängen.
Laut einer Studie des International Council on Clean Transportation (ICCT), die Anfang des Jahres erschien, liegt der reale Kraftstoffverbrauch neuer Pkw durchschnittlich um 39 Prozent über dem von den Fahrzeugherstellern in ihren Prospekten angegebenen Testverbrauch. Die Mehrausgaben für Sprit betragen für einen durchschnittlichen Autofahrer rund 400 Euro pro Jahr. Der Bericht des ICCT basiert auf einer statistischen Auswertung von Daten für mehr als 1,3 Millionen Fahrzeuge aus acht europäischen Ländern. Dazu wurden mehr als ein Dutzend unterschiedliche Quellen herangezogen, wie etwa die Website Spritmonitor.de.
Damit die Daten künftig an die EU übermittelt werden können, muss das Fahrzeug mit einem On-Board Fuel Consumption Meter, kurz OBFCM, ausgestattet sein. In vielen modernen Autos ist es bereits mit an Bord. Die Software, die auch den Stromverbrauch von Elektroautos und Plug-in-Hybriden misst, ist ab 1. Januar 2020 Pflicht für alle Pkw und leichte Nutzfahrzeuge mit neuer Typengenehmigung. Damit sind neben neuen Modell-Generationen auch Facelifts oder neue Motorisierungsvarianten betroffen. Ab 2021, wenn die Übermittlung der Daten an die EU-Kommission beginnt, müssen alle erstmals neu zugelassenen Fahrzeuge über OBFCM verfügen. Die Verbrauchsdaten werden auch aktuell zum Teil schon übermittelt: An die Autohersteller für interne Zwecke.
Momentan ist noch unklar, wie der Datentransfer an die EU technisch umgesetzt werden soll. Derzeit sind verschiedene Optionen in der Diskussion, etwa ein Auslesen bei der Hauptuntersuchung durch den TÜV mit einer anschließenden Weiterleitung an die EU-Kommission, Stichprobenkontrollen im Straßenverkehr, oder eine Sammlung von Daten bei zentral verwalteten Fahrzeugflotten wie etwa Autovermietungen. Denkbar ist auch, dass die Daten automatisiert per Internetverbindung direkt vom Fahrzeug an die EU-Kommission übermittelt werden. Welches Vorgehen sich durchsetzen wird, steht derzeit noch nicht fest. Die Tendenz geht allerdings stark zu letzterer Option, da nur so die Daten aller Fahrzeuge ohne zeitliche (wie etwa beim TÜV, der bei Neuwagen erst nach vier Jahren erstmals fällig ist) oder organisatorische Verzögerungen ausgewertet werden können.
Die neue europäische CO2 Gesetzgebung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge verpflichtet die EU-Kommission, den realen Verbrauch an Kraftstoff und elektrischer Energie zu überwachen. Die Abbildung zeigt vier mögliche Datenübertragungswege.#ChartoftheWeek pic.twitter.com/kMbUNfpX1n
— The ICCT (@TheICCT) November 25, 2019
Ebenfalls diskutiert wird noch, welche Zahlen die Kommission im Anschluss an die Auswertung der Daten veröffentlichen wird. Denkbar wäre eine Veröffentlichung sortiert nach den jeweiligen Fahrzeugmodellen, womit Kunden einzelne Modelle direkt miteinander vergleichen könnten, oder ein Durchschnittswert auf Hersteller-Ebene.
Besteuerung des realen Kraftstoffverbrauchs möglich
Denkbar wäre mit OBFCM auch die Einführung einer CO2-basierten Besteuerung des Realverbrauchs. Besonders sparsame Autofahrer von Kleinwagen würden dann deutlich weniger Steuern zahlen müssen als Vertreter der Bleifuß-Generation mit großen, schweren Spritschluckern. Bis das Eintritt, werden aber noch einige Jahre vergehen. Denn zwischen 2021 und 2026 ist zunächst eine Erprobungsphase der Spritverbrauchs-Überwachung geplant. Vorgesehen ist ein jährlicher Bericht über die Unterschiede zwischen angegebenem und realem Kraftstoffverbrauch. Konkrete Gesetze, die ungewöhnlich hohe Abweichungen mit welchen Mitteln auch immer sanktionieren, sind erst im Anschluss daran zu erwarten.
Da Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen eines Fahrzeugs direkt zusammenhängen, wurden in der Vergangenheit auch nur in etwa die Hälfte der auf dem Papier erbrachten CO2-Reduktionen seit dem Jahr 2001 tatsächlich verwirklicht. Die Maßnahme, den Verbrauch nun im Realbetrieb aller Neuwagen zu erfassen, ist somit auch als Maßnahme für besseren Klimaschutz zu verstehen.
Ende Dezember 2018 einigten sich die Europäische Kommission, das EU-Parlament sowie die EU-Mitgliedsstaaten auf verbindliche CO2-Ziele für Neufahrzeuge für die Jahre 2025 und 2030. Als Teil der Vereinbarung müssen die CO2-Emissionen neuer Pkw zwischen 2021 und 2030 um 37,5 Prozent sinken.
„Es ist wichtig, dass diese Daten des realen Alltagsbetriebs sowohl Verbrauchern als auch Wissenschaftlern transparent zugänglich gemacht werden,“ sagt Dr. Peter Mock, Wirtschaftschemiker und Direktor des ICCP. „Zudem sollte die EU-Kommission möglichst bald eine Methode entwickeln, um Hersteller, die sich durch unrealistisch niedrige Angaben zum Verbrauch einen Vorteil verschaffen wollen, zu bestrafen. Nur so kann es gelingen, die Abweichung zwischen offiziellen und realen Werten in den kommenden Jahren endlich wieder deutlich abzusenken.“
Quellen: Electrive – CO2-Gesetzgebung: Müssen PHEV überwacht werden? // ICCT – White Paper von Oktober 2019 (PDF) // Spiegel – Ab 2021 überwacht die EU den realen Spritverbrauch – in jedem neuen Auto