Die Autoindustrie steht vor großen Veränderungen. Elektroantrieb und autonomes Fahren bescheren technischen Fortschritt, bergen aber auch Risiken für Arbeitsplätze. Betriebsräte und Gewerkschafter machen sich Sorgen. VW-Chef Herbert Diess will die anstehenden Aufgaben nicht klein reden – sieht aber vor allem große Möglichkeiten. Das erklärte der Konzern-Chef in einem dpa-Interview, aus dem unter anderem die FAZ zitiert.
Insbesondere warnte er vor einer Dramatisierung der Job-Folgen. “Die ganzen Negativszenarien, die da manchmal gezeichnet werden, sind überzogen“, erklärte Diess. Volkswagen bleibe auch in Zukunft ein Autobauer. Fahrzeugfertigung werde daher zum Ende des Jahrzehnts immer noch das VW-Kerngeschäft sein. Allerdings würden sich die Wagen stark verändern und mit deutlichen kleineren CO2-Lasten unterwegs sein.
“Um viele Autos zu bauen, braucht man auch 2030 noch viele Menschen in der Produktion“, sagte Diess. Die meisten würden ziemlich ähnliche Tätigkeiten ausüben wie heute – vielleicht höher automatisiert, aber im Wesentlichen in der Produktion. Das schließe allerdings nicht aus, dass der gleichzeitige Aufbau von mehr IT-Kompetenz große Veränderungen und umfassendes Umdenken mit sich bringe. “Natürlich werden wir im Bereich Software wachsen mit neuen Mitarbeitern“, versprach der Konzernchef. Doch anders als in schnellen Branchen brauche der Wandel in der Autoindustrie viel Zeit. “Zwei Modelllebenszyklen sind bei uns 15 Jahre”, so Diess und wirft einen Blick auf Mitbewerber: “Tesla ist heute da – nach 15 Jahren harter Arbeit.”
Als Volumenanbieter mit hohen Stückzahlen habe die VW-Gruppe vielleicht etwas mehr Anpassungszeit als andere, spekuliert Diess – aber eben auch nicht unbegrenzt. Seine Prognose: “Wenn wir es gut weitermachen, kann man einen Großteil der Arbeitsplätze sicher retten, an bestimmten Stellen wachsen, an anderen schrumpfen.” Während Auto- und Zulieferkonzerne Milliarden vor allem in alternative Antriebe und Vernetzungstechnik investieren, haben vor allem kleinere Lieferanten mit dem Wandel zu kämpfen. Diess zeigt sich dennoch relativ zuversichtlich. Sitze, Stahl, Räder oder Bremsen würden auch in Zukunft benötigt. “70 Prozent der Zulieferer fahren durch diese Transformation, als gäbe es keine.”
Beim Wandel des Antriebs würden die personellen Verwerfungen überschätzt, so Diess. Dieser sei schon heute nicht der mitarbeiterintensivste Bereich. Würden Belegschaften und Kunden im ökologischen und digitalen Umbau mitziehen, könne das Auto an Bedeutung sogar noch zulegen. Individuelle Mobilität verliere viel von ihrem Schrecken, weil sie sicher und umweltfreundlicher werde. Diess: “In ein paar Jahren können Sie guten Gewissens mit einem SUV hier herumfahren.”
Quelle: dpa / FAZ – “Einen Großteil der Arbeitsplätze kann man retten”