Anfang Februar wurde vom Bundeskabinett, der von Bundesminister Andreas Scheuer vorgelegten Gesetzentwurf zur Bereitstellung flächendeckender Schnellladeinfrastruktur für reine Batterieelektrofahrzeuge – Schnellladegesetz beschlossen. Somit wurde die rechtliche Grundlage geschaffen, um die geplante Ausschreibung zum Aufbau eines öffentlichen Schnellladenetzes mit 1.000 Standorten anzugehen.
Mit Verabschiedung des Gesetzes reagiert das Bundeskabinett auf die Tatsache, dass die mittlerweile mehrjährigen Förderprogramme zum Aufbau einer Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge nicht ausreichen, um den Aufbau schnell, verlässlich, bedarfsgerecht, flächendeckend und verbraucherfreundlich zu gewährleisten. Hier fallen vor allem Standorte negativ auf, welche wenig beziehungsweise nur temporär – bspw. in Ferienzeiten – ein erhöhtes Ladevorkommen aufweisen. Wenn überhaupt an solchen Orten Ladepunkten vorhanden sind, dann meist nur mit einer normalen Ladeleistung (von höchstens 22 kW). Was damit zusammenhängt, dass bisher nicht gezielt bundesweit das schnelle Laden (mit über 100 kW) forciert wurde.
Sogenannte Schnellladepunkte mit hoher Leistung gab es bisher deutlich zu wenig. Zumindest wenn man den Blick auf künftig verfügbare Fahrzeuge und die angestrebte Mittel-/Langstreckennutzung richtet. Weniger als zwei Prozent aller Ladepunkte haben eine Ladeleistung von mindestens 100 kW. Definitiv zu wenig für den Markthochlauf und die bereits stattfindende E-Offensive der Automobilhersteller.
„Die nächste Schnellladesäule muss in wenigen Minuten erreichbar sein. Um diesem Ziel näher zu kommen, wollen wir bundesweit 1.000-Schnellladehubs bis 2023 aufbauen. Das Schnellladegesetz ist grundlegende Voraussetzung, um die europaweite Ausschreibung und somit den Bau der neuen Standorte zu starten. Nur mit einer flächendeckenden und nutzerfreundlichen Ladeinfrastruktur schaffen wir es, dass mehr Menschen auf klimafreundliche E-Autos umsteigen und mit erneuerbaren Energien laden können. Gerade das schnelle Laden mit über 150 Kilowatt ist für die Langstreckentauglichkeit von E-Autos entscheidend. Wir wollen Mobilität mit besserer Luft, weniger Lärm und vor allem weniger CO2 ermöglichen.“ – Andreas Scheuer, Bundesminister
Scheuer gibt zu verstehen, dass man mit der Ergänzung der Förderpolitik einen wichtigen Schritt in Richtung E-Mobilität geht. Zunächst soll der Aufbau und Betrieb eines bundesweiten Schnelladenetzes an 1.000 Standorten im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung in Auftrag gegeben werden. Zielvorstellung sei, dass das Schnellladenetz den Bedarf für die Mittel- und Langstreckenmobilität an Fernstraßen sowie wichtigen Standorten im urbanen Raum abdecken soll. Der Zugang muss öffentlich und rund um die Uhr möglich sein. Egal ob die Schnellladestandorte auf öffentlichem oder privaten Grund liegen.
„Mit Blick auf die Zielsetzung für 2030 machen diese Standorte nur einen geringen Anteil am notwendigen Gesamtnetz aus. Sie sind für einen vorausschauenden Infrastrukturausbau aber bereits jetzt notwendig, um die Akzeptanz und Attraktivität der batterie-elektrischen Mobilität zu steigern“, so die aktuelle Pressemitteilung des BMVI. In dieser wird klar kommuniziert, dass der Bund nicht selbst Betreiber von Ladeeinrichtungen wird. Vielmehr soll der Infrastrukturaufbau für den Markthochlauf der E-Fahrzeuge durch langfristige Verträge mit Betreibern gewährleistet werden.
Vorgesehen ist die Ausschreibung einer HPC (High Power Charging)-Ladeinfrastruktur mit einer Leistung pro Ladepunkt von mindestens 150 kW, die ein schnelles Laden für Mittel- und Langstreckenmobilität gewährleistet. Die europaweite Ausschreibung wird in mehreren Losen durchgeführt, um nicht nur einen Anbieter den Aufbau des Schnellladenetzes zu ermöglichen. Pro Los sind 66 bis 100 Standorte vorgesehen. Es sei geplant, dass der Bund mehrere Betreiber auswählen wird, die dann in seinem Auftrag die Ladesäulen aufbauen und betreiben. Dabei sind die Betreiber rechtlich verpflichtet, die Ladesäulen in genau definierten Regionen, in einem bestimmten zeitlichen Rahmen und mit entsprechenden Standards zu errichten.
„Das Schnellladegesetz kann eine Chance für den Ausbau der Schnellladeinfrastruktur sein, es darf den bestehenden Wettbewerb und die Bestandsinfrastruktur jedoch nicht gefährden. Ladeinfrastruktur muss bedarfsgerecht aufgebaut werden, kundenfreundlich ausgelegt und kosteneffizient sein. Für Unternehmen, die bereits investiert haben und Ladepunkte betreiben, muss sichergestellt werden, dass ihre bestehenden Geschäftsmodelle auch weiterhin im Markt bestehen können. Deshalb ist es elementar, dass die Ausschreibungen die Bestandsinfrastruktur angemessen berücksichtigen, auf Kosteneffizienz setzen und einen echten Wettbewerb sicherstellen.“ – Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung
Andreae führt des Weiteren aus, dass das staatliche Engagement wieder endet, sobald sich Elektromobilität im Markt etabliert hat. „Dieses Ausstiegsszenario fehlt. Auch die Zielerreichung selbst ist im Gesetz nicht definiert. Der Begriff der Flächendeckung ist dehnbar und gibt keinen Hinweis darauf, wann diese erreicht ist oder in welchen Regionen diese sogar schon erreicht wurde“, so die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung weiter.
Geht es nach der BDEW habe die Nationale Plattform Zukunft der Mobilität hierzu bereits eine Definition und Empfehlungen zur Umsetzung erarbeitet, die in BDEW-Augen als Basis dienen könnten. „Hier gehen wir von einer Flächendeckung im Fernverkehr aus, wenn entlang der Hauptverkehrsachsen alle 30-50 km ein Schnellladestandort bereitsteht“, so der Verband. Für den Aufbau der Schnellladeinfrastruktur ist ein Volumen von rund 2 Milliarden Euro vorgesehen. Der Bund wird sich hieran anteilig beteiligen, soweit dies nach den Ergebnissen der Ausschreibung erforderlich ist. Mit der Ausschreibung der 1.000 Standorten soll im Sommer 2021 gestartet werden.
Quelle: BMVI – Pressemitteilung vom 10. Februar 2021 // BDEW – Pressemitteilung vom 10. Februar 2021