Ludger Lührmann, Leiter der Karosserie-Entwicklung bei Volkswagen, sprach in einem Interview mit Automobil-Industrie ausführlich über Leichtbau im Elektro-Baukasten MEB, wie sich dieser an allen Standorten weltweit umsetzen lässt und was Leichtbau mit Klimaschutz zu tun hat.
„Leichtbau beeinflusst natürlich auch bei Elektrofahrzeugen positiv die Reichweite und Beschleunigung“, sagt Lührmann gleich zu Beginn es Interviews. Es gebe „einen direkten Zusammenhang zwischen Gewichtsersparnis und dadurch zusätzlich zur Verfügung stehender Reichweite“. Bei der Entwicklung der ID-Familie habe Volkswagen deshalb „ganz besonderen Wert auf Leichtbau in allen Fahrzeugteilen gelegt“.
Volkswagen habe bereits „in der Fahrzeugkonzeption das sich ergebende zulässige Gesamtgewicht vor Augen“. Dies einzuhalten gelinge „durch sorgfältige Dimensionierung der Fahrzeuge und eine geschickte Abstimmung der wesentlichen Gewichtstreiber im Entwicklungsprozess“. Unterstützung holen sich die VW-Ingenieure dabei von künstlicher Intelligenz: „Die Optimierungsstrategien, etwa hinsichtlich Materialeinsatz, werden mit künstlicher Intelligenz angepasst“, so Lührmann. Auch der Einsatz neuer Leichtbauwerkstoffe werde erprobt, „um sie schnell in Serie zu bringen. Immer unter dem Aspekt, das Beste für den Kunden herauszuholen.“
Der Modulare E-Antriebsbaukasten MEB, die neue VW-Elektroautoplattform, enthalte „eine ganze Reihe innovativer Leichtbaumaßnahmen, zum Beispiel einen Aluminium-Schweller, einen ultrahochfesten Sitzquerträger, dünne hochfeste Türaußenbleche, eine Kunststoffheckklappe und ein Batteriegehäuse aus Aluminium.“ Insgesamt habe der MEB „einen signifikant höheren Aluminiumeinsatz als Wettbewerbsfahrzeuge.“ Auch das trage dazu bei, dass der ID.3 bis zu 420 Kilometer Reichweite mit der 58-kWh-Batterie beziehungsweise 550 Kilometer Reichweite mit der 77-kWh-Batterie schafft, was einem Verbrauch von gut 14 kWh auf 100 Kilometer entspricht.
Leichtbau sei allerdings „nur dann sinnvoll, wenn sich die Bauteile und Konzepte weltweit in allen Fabriken umsetzen lassen“, erklärt VWs Karosseriechef weiter. Die Fertigung einer Vollaluminium-Karosserie zum Beispiel können sich Autohersteller „nur an wenigen Standorten leisten“. Weil VW aber an all seinen Standorten in der Welt E-Fahrzeuge brauche, habe sich der Hersteller alternative Konzepte überlegt: „Zum Beispiel den verstärkten Einsatz von dichtereduzierten Materialien für Unterbodenschutz und Dämpfungen oder Leichtbaumodule“, welche VW „Plug & Play“ in seine Werke einbringen könne.
Hierzu gehören etwa „Batteriegehäuse, die passgenau an die Anzahl der Zellmodule für die angebotenen Batteriekapazitäten dimensioniert sind, Crashrohre aus Faserverbundwerkstoffen und das entsprechend der Fahrzeugklasse angepasste Alu-Profil im Schweller.“ Leichtbau sei zwar dann immer noch teuer, „aber Sie haben das Problem der Integration in die Fabriken gelöst. Gleichzeitig unterstützen einige dieser Konzepte sogar das Ziel, die Produktion effizienter zu machen.“
Lührmann sagt, Leichtbau könne auch einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Ressourcenschonung leisten: Statt die Reichweite von Elektroautos „mit mehr Batteriezellen teuer zu erkaufen, investieren wir in bezahlbaren Leichtbau und schonen damit Ressourcen. Das ist unser Beitrag zum Klimaschutz.“
Quelle: Automobil-Industrie — Volkswagen: „Wir investieren in bezahlbaren Leichtbau statt in teure Batteriezellen“