Es läuft gerade nicht schlecht für Kia. Oder sollte man besser sagen: fährt? Fast 70 000 verkaufte Autos hierzulande bedeuten das fünfte Rekordjahr in Folge. Vorbei die Zeiten, in denen man bei der Marke spontan an „irgendwas mit billig und sieben Jahren Garantie“ dachte. Das hat die Koreaner selbstbewusst werden lassen. Vor allem bei ihrem Bestseller. Der Ceed fordert ganz ausdrücklich den Golf heraus – noch immer der König der Kompaktklasse. Jüngste Attacke: Der Deutschen liebste Bauform nach SUV, den Kombi, gibt es nun auch mit Stecker.
Für die Doppelherz-Version des „Sportswagon“ hat das Team um Kreativ-Chef Peter Schreyer einen schicken Mittelweg ertüftelt. Vorne herum ein bisschen inspiriert vom schnittigen Sportler „Stinger“, seitlich und hinten irgendwie auch massentauglich. Mit breiter „Tigernase“, aber geschlossenem Grill und einem schicken optischen Trick auf Abstand zur Limousine: Die Front ist zwei Zentimeter kürzer geraten, das Heck indes fast zwölf Zentimeter länger.
Das bringt auf 4,60 Metern Gesamtlänge ordentlich Freiraum. Sogar in der zweiten Reihe. Wenngleich man dort seine Beine ein bisschen an der B-Säule vorbeimogeln muss. Vor allem aber wird Platz hinterm Gestühl. Sehr ordentliche 437 Liter packt der Ceed SW PHEV da weg, mit umgeklappten Sitzen werden daraus gar 1,5 Kubikmeter. Danach strecken sich andere Gepäckabteile vergebens – auch wenn der Plug-In gegenüber dem Verbrenner 188 Liter eingebüßt hat. Irgendwo müssen die knapp neun Kilowattstunden Strom ja lagern.
Damit dieser Verlust glimpflich abgeht, haben sie bei Kia den Akku geteilt. Die eine Hälfte verdrückt sich unauffällig unter die Sitzbank, die andere tief ins Unterflur-Fach des Kofferraums. Ab Ladeboden aufwärts ist daher Platz wie bei jedem anderen Ceed SW auch. Offiziell reicht der Stromspeicher für maximal 60 elektrische Kilometer, beim ersten Praxistest in durchaus hügeligem Gelände sind es gut 42 plus eine Restreichweite von vier. Und das mit einer Fahrt, die zwar den Sportler-Puls nicht nach oben treibt, vom rollenden Hindernis aber erfreulich weit entfernt ist. Da kann man mit 0,4 Litern sogar deutlich unter dem Datenblatt-Wert von 1,1 Litern bleiben
Auch im Zusammenspiel macht der Kia Ceed PHEV eine gute Figur. Zu den 105 PS aus dem Motor mit Kolben gesellen sich 60 aus dem mit Wicklung. Macht in Kombination 141 PS, die über ein sanft sortierendes Sechs-Gang-Doppelkupplungsgetriebe an die Vorderräder gelangen. Das setzt Drehzahl deutlich schneller und präziser in Vortrieb um als die im Hybrid-Segment verbreiteten stufenlosen CVT-Getriebe. Mit einem maximalen Drehmoment von 265 Nm beschleunigt der Ceed Sportswagon in 10,8 Sekunden auf Tempo 100 und weiter bis 195. Rein elektrisch sind immerhin 120 drin.
Doch ob nun sportlich oder sparsam – irgendwann ist auch beim Ceed der Akku leer. Dann kann man mit Benzin weiterfahren – oder die Steckdose ansteuern. An der heimischen dauert die volle Ladung rund fünf Stunden, mit 3,3 kW geht’s in der halben Zeit. Allerdings kann man nicht mit schnellem Gleichstrom laden. Die Kosten für die Kühlung wären für ein nicht reines E-Auto zu hoch gewesen, sagt Kia-Deutschland-Chef Steffen Cost.
Ohnehin hält er die Vorfahrt für das E-Mobil keineswegs für ausgemacht. Auch wenn Kia mit e-Niro und e-Soul reine Stromer mit um die 450 Kilometer im Angebot hat. Aber Cost weiß auch um das Dilemma. Mehr Reichweite heißt eben auch: größere Batterien und höhere Kosten. Womöglich nur, um einmal im Jahr in den Urlaub zu fahren. Da sei es doch klüger, für diese begrenzte Zeit einfach ein anderes Auto zu ordern.
Und darum glaubt Cost mittelfristig an Hybriden. Klassisch stromunterstützt und damit dauerhaft sparsam – oder mit Batterie und Stecker und also lokal emissionsfrei. Warum? Bei den Zwittern liegt der deutsche Kia-Marktanteil höher als bei konventionellen Autos. Das zeige deutlich, wo die Musik spielt. Nicht ohne Grund kommt auch der XCeed mit Doppelherz.
Zumal alternativer Antrieb keineswegs Verzicht bedeutet. Bei Kia schon gar nicht. Ab Werk hält der Ceed SW PHEV die Spur, achtet auf die Fitness des Fahrers und bremst für Autos und Fußgänger (für Radfahrer wegen des notwendigen Radars leider nur gegen Aufpreis). Dazu gibt’s LED-Licht, Klimaautomatik, Heizung für Sitze und Lenkrad sowie eine Rückfahrkamera. Optional wahrt der Ceed Abstand, beäugt Querverkehr, tote Winkel und Verkehrszeichen und fährt bis Tempo 130 sogar teilautonom – inklusive Stop and Go in der Kolonne.
Die Federbeine schaffen einen erfreulich guten Spagat zwischen schick-straff und alltäglich-komfortabel. Flott manövriert erweist sich Kias Jüngster als überaus agil und drängt in sehr zügig gefahrenen Kurven erst ganz spät Richtung Tangente. Im Gegensatz zur Limousine gibt auch die Lenkung etwas mehr Rückmeldung. Besonders pfiffig: Das Navi sorgt für intelligenten Batterie-Einsatz.
Besonderes Lob gebührt den Entwicklern allerdings dafür, dass sie außer dem reinen Volumen auch die Lendenwirbel ihren Kunden im Blick hatten und die Ladekante im Vergleich zum Vorgänger um fast neun Zentimeter nach unten drückten. Obendrein ersannen sie ein höchst pfiffiges Verstau-System mit Schienen sowie stufenlos verschiebbaren und sogar schräg zu arretierenden Halterungen samt Spanngurten.
Los geht’s bei 34 990 Euro und – je nach Ausstattung – hoch bis 41 190. Abzüglich Umweltbonus. Und wer bislang noch nicht daran gedacht hat – Selbstredend gibt Kia sieben Jahre Garantie für den Ceed SW PHEV. Auch für die Batterie.