Der Corona-Virus hat uns fest in Griff, mit seiner weltweiten Verbreitung und täglich steigenden Fallzahlen wächst die Verunsicherung in der Bevölkerung. Manche sorgen sich um Klopapier und Hefe, andere befürchten Auswirkungen auf die Energie- und Wasserversorgung in Deutschland. Letztere sind nur leider Dinge, die sich schlecht hamstern lassen. Allerdings geben die Versorger Entwarnung: Auf die Strom-, Erdgas-, Wärme- und Wasserversorgung hat das Corona-Virus keine Auswirkung.
Denn im Rahmen ihres Krisen- und Notfallmanagements hat die Energiewirtschaft als Betreiber kritischer Infrastrukturen Prozesse aufgesetzt, die regelmäßig getestet, geprüft und evaluiert werden. Diese greifen auch, wie jetzt, im Fall einer Pandemie, teilt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) mit. Besondere Beachtung finden Arbeitsbereiche wie Leitstellen, Entstörungsdienste sowie dazugehörige Unterstützungsprozesse. Hier werden zusätzlich vorsorgliche Maßnahmen ergriffen. Zudem nutzt die Energie- und Wasserwirtschaft in weiten Teilen Fernwirktechnik und verfügt über einen hohen Automatisierungsgrad.
Auch die Qualität des Trinkwassers ist, wie das Umweltbundesamt bestätigt, nicht durch das Virus beeinträchtigt. Demnach ist Trinkwasser, das „unter Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik gewonnen, aufbereitet und verteilt“ wird, „sehr gut gegen alle Viren, einschließlich Coronaviren geschützt“.
Der BDEW steht in engem Austausch mit den Unternehmen der Energie- und Wasserwirtschaft zu den fortlaufenden Entwicklungen sowie den von den Unternehmen getroffenen Maßnahmen sowie mit Ministerien, Behörden und Institutionen. Auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hält die Energie- und Wasserversorgung selbst in Zeiten wie der Corona-Krise für gesichert. „Unsere Risikoanalyse geht davon aus, dass es keine größeren Probleme geben dürfte“, sagte BBK-Präsident Christoph Unger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auch er verwies auf die guten Vorbereitungsmaßnahmen für Krisensituationen, etwa durch spezielle Schichtpläne, Stellvertreterregeln und die Identifikation von Schlüsselpersonal.
„Wir sehen die Energie- und Wasserwirtschaft auf die aktuellen Ereignisse sehr gut vorbereitet. Die Unternehmen treffen weitreichende organisatorische Maßnahmen und überprüfen die für den Eintritt größerer Störungen ohnehin immer vorhandenen technischen Redundanzkonzepte, um die Versorgungssicherheit auch bei einer länger andauernden Pandemie zu gewährleisten.“ — Detlef Fischer, Geschäftsführer des Verbands der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft – VBEW e.V.
Eine der wichtigsten Aufgaben ist, die erforderlichen Personalkapazitäten verfügbar zu halten. Alle Versorger achten darauf, dass ihr Personal keinen unnötigen Ansteckungsrisiken ausgesetzt wird (z.B. durch verstärkte Hygienemaßnahmen und Einschränkung von Dienstreisen). Im Vergleich zu anderen externen Einflüssen wie Hochwasser oder Erdbeben sind die Anlagen der Versorgungsunternehmen von der Corona-Krise auch nicht unmittelbar betroffen oder in ihrer Funktion gefährdet. Sie müssen lediglich weiter betrieben werden.
Versorger halten den Betrieb aufrecht
Nicht nur die Versorgung mit Energie und Wasser läuft zuverlässig weiter, auch die Servicedienstleistungen der Unternehmen für ihre Kunden werden gewährleistet. Kundencenter bleiben so gut es die aktuelle Lage erlaubt unter Beachtung der einschlägigen Hygienevorgaben geöffnet, in abweichenden Fällen informieren Versorger z. B. über die Homepage. Die Versorger empfehlen den Kunden, Telefon, E-Mail und das Internet als Kommunikationsmittel verstärkt zu nutzen.
Der Ökostrom-Versorger Lichtblick erklärt, wie die Stromversorgung in Deutschland sichergestellt ist. Corona habe zurzeit auf vieles Einfluss, aber nicht darauf, dass wir genügend Strom haben. Das habe verschiedene Gründe. Zum Beispiel ist der Strommarkt – inklusive des Einkaufs – sehr langfristig angelegt und wird über Monate geplant. Bei Windenergie ist es sogar so, dass durch die vielen starken Winde in den letzten Monaten ungewöhnlich viel Energie in Deutschland erzeugt wurde.
Stromverbrauch sinkt
Da das öffentliche Leben stark zurückgefahren wurde, sinkt sogar der Stromverbrauch. In der Stadt Wien ist er laut der Tageszeitung Der Standard um rund ein Fünftel zurückgegangen. In Deutschland sank der Stromverbrauch insgesamt um gut fünf Prozent. Zwar wurde in Privathaushalten plötzlich viel mehr Energie verbraucht. Durch geschlossene Fabriken und Geschäfte, Büros, Restaurants und Hotels wird allerdings auch viel Strom eingespart.
Selbst in Heinsberg, das vom Corona-Virus außergewöhnlich stark betroffen ist, hatte der örtliche Stromnetzbetreiber Alliander Netz Heinsberg keine Ausfälle zu beklagen. „Die Corona-Krise“, sagte Alliander-Chef Eduard Sudheimer der Welt, „hat unsere Arbeit bis zum heutigen Tag nicht beeinträchtigt.“ Auch der Stromversorger EnBW habe, wie eine Sprecherin mitteilt, „keine Anhaltspunkte dafür, dass es durch die Pandemie in unserem Verantwortungsbereich zu Störungen in der Energieversorgung kommt.“
Die Bundesnetzagentur als für die Sicherheit der Stromversorgung zuständige Behörde sieht ebenfalls keinerlei Gefährdungslage: „Die Bundesnetzagentur nimmt die Situation ernst“, erklärt die Behörde, die dem Bundeswirtschaftsministerium angeschlossen ist, auf Nachfrage der Welt. „Nach unserer Einschätzung sind die Netzbetreiber bestmöglich vorbereitet, die sichere Versorgung zu gewährleisten“, lautet das Fazit der Aufsichtsbehörde. „Eine besondere Gefährdung der Strom- und Gasversorgung ist nicht erkennbar.“
Gute Nachrichten für säumige Zahler
Es gibt für manche sogar gute Nachrichten in der Corona-Krise: Immer mehr Stromversorger sehen der Welt zufolge davon ab, säumige Zahler mit Stromsperren zu belegen. „Es ist uns wichtig, dass sich unsere Kunden auch in schwierigen Zeiten wie diesen auf uns verlassen können“, erklärt etwa ein Sprecher der Eon Energie Deutschland auf Nachfrage: „Vor diesem Hintergrund werden wir auf die Sperrung von betroffenen Haushalten weitestmöglich verzichten.“
Auch EnBW hat sich zu diesem solidarischen Schritt entschlossen: „In diesen herausfordernden Tagen trägt unser Unternehmen eine besondere gesellschaftliche Verantwortung“, erklärt eine Konzernsprecherin. „Niemand darf in dieser Krise ohne Strom sein.“ Deshalb „führen wir in dieser Ausnahmesituation keine neuen Strom- und Gassperren durch und sind derzeit dabei, alle Strom- und Gassperren, die in den letzten Wochen vorgenommen wurden, aufzuheben“.
Quelle: BDEW — Pressemitteilung vom 23.03.2020 // Lichtblick — Strom und Stromversorgung in Zeiten von Corona – die wichtigsten Fragen und Antworten // Die Welt — Coronavirus: Die Methode Heinsberg soll Deutschland den Strom sichern // VBEW — Pressemitteilung vom 13.03.2020