Anlässlich der Diskussion um Kaufbeihilfen und Steuernachlässe für Pkw haben der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der ökologische Verkehrsclub VCD den realen Umweltvorteil von Plug-in-Hybriden überprüft. In einem gemeinsamen Papier (hier als PDF) untersuchen die Verbände, welchen Beitrag Plug-in-Hybride tatsächlich leisten können, um den Kraftstoffverbrauch und damit die CO2-Emissionen von Pkw zu mindern. Das Ergebnis: Umwelt und Verbraucher haben wenig positiven Nutzen von Plug-In-Hybriden
Angaben der Hersteller weisen die Teilzeitstromer als saubere Alternative zum reinen Benzin- oder Diesel-Pkw aus, die typische Nutzung im Alltagsbetrieb stehe dem jedoch häufig entgegen. Trotz der aus Sicht von BUND und VCD unrealistischen Herstellerangaben gibt es für Plug-in-Hybride zahlreiche Anreize zum Kauf. Davon profitieren jedoch vor allem die Hersteller, die mit den Fahrzeugen ihre CO2-Vorgaben, die die EU-Grenzwertregulierung ihnen auferlegt, verbessern.
„Es ist absurd, dass Plug-in-Hybride weiterhin mit völlig unrealistischen Verbrauchswerten in die Berechnungen der CO2-Flottenwerte eingehen und dank sogenannter ‚super credits‘ sogar mehrfach angerechnet werden. Vor allem Premiumhersteller werden diese Anreize nutzen, um anstehende Strafzahlungen der EU zu vermeiden. So könnten zunehmend Plug-in-Modelle auf den Markt gelangen, deren tatsächlicher Kraftstoffverbrauch sehr viel höher liegt. Diesen Umstand blendet die Politik völlig aus.“ — Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des VCD
Damit Plug-in-Fahrzeuge tatsächlich einen Umweltvorteil gegenüber Fahrzeugen ohne zusätzlichen Elektromotor entfalten, muss laut BUND und VCD gewährleistet sein, dass die Fahrzeuge vorwiegend elektrisch betrieben und mit Strom aus erneuerbaren Energien geladen werden. Nur dann seien die aktuellen Kaufbeihilfen zu rechtfertigen.
„Kaufbeihilfen oder andere Vergünstigungen dürfen Käufern von Plug-in-Hybriden nur dann gewährt werden, wenn diese nachweisen, dass sie ihr Fahrzeug zum weitaus überwiegenden Teil elektrisch betrieben haben. 70 bis 80 Prozent muss der elektrische Anteil mindestens betragen. Der Nachweis kann durch Auslesen des Bordcomputers erbracht werden, Beihilfen würden dann erst im Nachgang ausgezahlt. Diese Regelung muss insbesondere beim halbierten Steuersatz bei der Dienstwagenbesteuerung Anwendung finden. Wenn ein solcher Nachweis nicht erfolgt, müssen Kaufprämien und sonstige Begünstigungen gestrichen werden.“ — Jens Hilgenberg, Leitung Verkehrspolitik des BUND
Die Vergünstigungen für Plug-in-Hybride – sowohl bei der Anrechnung in der europäischen CO2-Grenzwertregulierung als auch in der nationalen Steuergesetzgebung – entbehren derzeit für die meisten Plug-in-Hybride jeglicher Grundlage und müssen aus Sicht von BUND und VCD beendet oder neu geregelt werden. Die sogenannten super-credits, also die Mehrfachanrechnung in der EU-Grenzwertberechnung, tragen nicht dazu bei, dass Automobilhersteller ihre Neuwagenflotte klimaverträglich ausrichten und sollten ebenfalls gestrichen werden. Vielmehr ermöglicht sie Autokonzernen, weiterhin verbrauchsintensive Pkw zu verkaufen, indem sie ihre Verbrauchswerte durch die Mehrfachanrechnung von Elektrofahrzeugen und Plug-in-Hybriden schönrechnen.
Spritfresser im grünen Mäntelchen
Entscheidend für die Öko-Bilanz von Plug-In-Hybriden ist die tatsächlich zurückgelegte elektrische Fahrleistung. Mehrere Studien und Testberichte, aber auch Auswertungen von Flottenbetreibern zeigen, dass Plug-In-Hybride in der Realität deutlich weniger elektrisch gefahren werden als für die offiziellen Verbrauchswerte angenommen. Der reale Kraftstoffverbrauch der Fahrzeuge liegt somit oft um ein Mehrfaches über den Herstellerangaben. Aufgrund des höheren Fahrzeuggewichts kann der Verbrauch eines Plug-In-Autos sogar höher sein, als der des gleichen Modells ohne Plug-In. Mehrere Analysen belegen den beiden Verbänden zufolge den Mehrverbrauch:
- Laut Emission Analytics betrug der Verbrauch der von ihnen untersuchten Plug-In-Hybride im Schnitt 7,6 Liter/100km. Damit wichen die Werte um 62,5 Prozent von den offiziellen NEFZ- Werten der Hersteller ab.
- Auch das britische Unternehmen Miles Consultancy testete insgesamt 1500 Plug-In-Hybride, deren Durchschnittsverbrauch bei mehr als sechs Litern pro 100 km und damit weit über den angegebenen Daten lag.
- Eine Studie der niederländischen Organisation für angewandte Naturwissenschaften TNO erhob ihre Daten, indem sie die Nutzung von Tankkarten auswertete. Der durchschnittliche CO2-Ausstoß der Plug-In-Hybride lag im Schnitt um 90 g/km über dem offiziellen Wert.
- Fahrtests der Automagazine AutoBild und Auto Motor Sport belegen ebenfalls die hohen Verbrauchsunterschiede zwischen Herstellerangaben und realem Fahrbetrieb.
Diese Ergebnisse machen deutlich, dass es zumindest fraglich ist, ob die Technologie tatsächlich dazu beiträgt, den Spritverbrauch und damit den CO2-Ausstoß von Pkw zu verringern. Fahrer von Plug-In-Hybriden profitieren meist nicht von den angepriesenen niedrigen Verbräuchen und müssen in vielen Fällen sogar mehr Sprit tanken als bei Modellen ohne zusätzlichen Elektroantrieb. Entsprechend fallen die Betriebskosten höher aus und machen die steuerlichen Vorteile zunichte.
Quelle: BUND / VCD — Gemeinsame Pressemitteilung vom 25.04.2020