Michael Nikolaides, seit Ende 2018 Chef der weltweiten Produktion für Motoren und E-Antriebe der BMW-Gruppe, sprach in einem Interview mit Automobil-Industrie über die Strategie von BMW, seinen Kunden ein möglichst breites Antriebs-Portfolio anbieten zu wollen – von Elektro- oder Verbrennungsmotor über Plug-in-Hybride und künftig auch mit Brennstoffzelle. Die Produktion, die bei BMW bei den einzelnen Modellen weiterhin auf dem selben Band erfolgen soll, müsse dafür eine enorme Komplexität beherrschen.
BMW stecke „mittendrin“ in der Großserienfertigung von Elektroautos. „Mit vier Batteriefabriken in Dingolfing, Spartanburg, Shenyang und Rayong in Thailand versorgen wir aktuell elf Produktionsstandorte“, so Nikolaides. Das Kompetenzzentrum für Elektro-Antriebe in Dingolfing werde gerade für die Produktion von Antriebskomponenten für voll- und teilelektrische Modelle „massiv“ ausgebaut: „von heute 8000 auf künftig 80.000 Quadratmeter, von heute rund 700 auf rund 2000 Mitarbeiter in den kommenden Jahren.“
Auf Konkurrenz wie Tesla und die chinesischen Großserienfertiger wie BYD, BAIC und Chery angesprochen sagt Nikolaides, dass BMW „natürlich jeden“ beobachte, „der in diesem Bereich unterwegs ist. Wir sehen uns jedoch ganz vorne mit dabei“. BMW habe viele Erfahrungen in der Produktion sammeln können mit dem i3, der bereits 2013 auf die Straße kam, das komme dem Hersteller „heute bei der Industrialisierung sehr zugute“.
Um auf künftige, kaum vorhersehbare Entwicklungen flexibel reagieren zu können, stellt BMW Autos mit verschiedenen Antrieben in den selben Werken her. Diese Baukastenlösung sei so aufgebaut, dass der Hersteller zwischen Elektro- und Plug-in-Fahrzeugen „in der Produktion in einem sehr breiten Bereich variabel reagieren“ könne, „so wie es heute schon bei Benzin- und Dieselmotoren gelingt.“ Nur so sei BMW in der Lage, die Strategie „Power of Choice“ umzusetzen.
„Eine faszinierende Herausforderung“
Es sei „eine faszinierende Herausforderung“, den „massiven Zeitenwandel“ in der Automobilindustrie, „der gewaltige Veränderungen mit sich bringen wird und neue Denk- und Herangehensweisen fordert“ zu begleiten. „Wer das heute im Griff hat und die Zukunft aktiv mitgestaltet, sichert sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung.“
BMW sei es bei den Elektromotoren gelungen, „die Produktionsprozesse so zu optimieren, dass wir einen sehr anspruchsvollen und leistungsfähigen E-Motor in Großserie produzieren können“. Dafür habe der Hersteller „neue Fertigungsansätze, wie beispielsweise neuartige Vergussverfahren entwickelt, die die notwendigen Festigkeiten in der Großserie sicherstellen.“ Auch beim Akkupaket sei „der Produktionsprozess der Batteriemodule technisch standardisiert“.
„Wir lernen zusammen, wir probieren Neues aus“
BMW geht für die nähere Zukunft noch von einer „weltweit sehr stabilen Nachfrage nach Verbrennungsmotoren“ aus. „Bei den Benzinmotoren gehen wir sogar von wachsenden Volumina aus“, so Nikolaides. Für seine neuen Antriebstechnologien arbeite BMW „sehr gut mit vielen etablierten Werkzeug- und Anlagenlieferanten zusammen“ und leite mit einigen Unternehmen, die bislang vor allem in der Verbrennerwelt unterwegs waren, „jetzt den Technologiewandel ein. Wir lernen zusammen, wir probieren Neues aus.“ Natürlich funktioniere „nicht alles auf Anhieb.“ Aber erfolgsentscheidend seien „schnelle Lernschleifen und die Etablierung von Mechanismen, die uns ermöglichen, Wege, die nicht funktionieren, schnell beenden zu können. Nur so kommen wir zügig und effizient voran.“
Die Brennstoffzelle in die bestehende BMW-Produktionswelt zu integrieren, „wäre die nächste spannende Aufgabe“. Das Ziel sei es zunächst, „die Industrialisierung der Brennstoffzellentechnologie zu durchdringen: Die Prozesse und Anlagentechnik müssen gestaltet und serientauglich gemacht werden. Wir sind gut unterwegs. Wenn die Nachfragesituation es verlangt, werden wir auch das beherrschen.“ Bei der industriellen Fertigung von Brennstoffzellen-Stacks, wie das Herzstück des Wasserstoff-Antriebs genannt wird, seien „die ersten automatisierten Montagelinien bereits in der Erprobung“.
Quelle: Automobil-Industrie — BMW: „Bei den Benzinmotoren gehen wir von Wachstum aus“