Italien ist mit einem Anteil von gerade einmal 0,2 Prozent bislang Europas zähester Markt für Elektro- und Hybridautos. Das soll sich nun aber rasant ändern: Die italienische Regierung hat den großen Plan angekündigt, bis 2022 eine Million dieser Fahrzeuge auf die Straßen zu bringen. Experten zufolge seien dafür Investitionen in Höhe von mindestens zehn Milliarden Euro notwendig. Dabei stellt sich die Frage, wie sich das hochverschuldete Land das überhaupt leisten können will.
Der Plan fußt, wie Bloomberg berichtet, auf den Gesprächen über den Regierungsvertrag der nationalistischen Lega mit der Fünf-Sterne-Bewegung (Cinque Stelle). Letzterer sei es gelungen, dem Vertrag eine Passage über eine „Reduktion von Benzin- und Dieselfahrzeugen“ einzufügen, inklusive „Anreizen zur Unterstützung der Einführung von Elektro- und Hybridautos“.
Der Vertrag setzt zwar keine konkreten Ziele, aber Luigi Di Maio aus dem Führungskreis der Fünf Sterne und seit Anfang Juni sowohl italienischer Wirtschafts- und Arbeitsminister als auch stellvertretender Ministerpräsident soll die Zahl von einer Million Elektrofahrzeugen zur Diskussion gestellt haben. Das würde Italien zum europäischen Marktführer für Elektroautos machen.
Ein Sprecher bestätigte, dass die italienische Regierung auf von Di Maio formulierte Ziel hinarbeiten werde. Ob sich die 1-Millionen-Marke auf ausschließlich vollelektrische Modelle oder auch Hybridfahrzeuge bezieht, und welche Kosten bei der Umsetzung des Plans entstehen, sagte der Sprecher Bloomberg zufolge nicht.
Schätzungen zufolge sind in Italien bislang weniger als 5000 vollelektrische Modelle und kaum mehr Plug-in-Hybride unterwegs. Zur Million wäre es also ein weiter Weg. Um tatsächlich Europas größter E-Mobility-Markt zu werden, müsste die italienische Regierung massive Anreize schaffen. Analysten gehen von Kosten in Höhe von mehreren Milliarden Euro aus.
„Wenn in den nächsten fünf Jahren eine Million Elektroautos auf italienischen Straßen fahren sollen, geht das nur über hohe Steuervergünstigungen wie in Norwegen“, sagte Gian Primo Quagliano, Leiter des Promoter-Forschungsinstituts, das die Autoverkäufe des Landes seit 25 Jahren verfolgt. „Die Regierung müsste Anreize von etwa 10.000 Euro pro Auto schaffen, wie Frankreich“, sagte er. Aber selbst auf diesem Niveau – das Italien gut 10 Milliarden Euro kosten würde – „ist es immer noch fast unmöglich, so schnell dorthin zu gelangen“, relativierte der Experte.
Auch wenn Di Maios Ziel möglicherweise eine Nummer zu groß ist, bezweifeln die wenigsten, dass auch in Italien irgendwann Elektroautos zum Verkaufsschlager werden. Schließlich drängen Regulierungsbehörden und Politiker im gesamten Spektrum auf emissionsfreie Fahrzeuge. Die Stadt Rom will bereits ab 2024 Dieselautos verbieten und Mailand hat ebenfalls Pläne für eine dieselfreie Zukunft.
Quelle: Bloomberg – Italy Wants to Put a Million Electric Cars on the Road. Price: $10 Billion