Ola Källenius, bei Daimler leitender Vorstand für den Bereich Konzernforschung und Mercedes-Benz Cars Entwicklung und heißer Kandidat für die Nachfolge des scheidenden Daimler-Chefs Dieter Zetsche, sprach in einem sehr aufschlussreichen und langen Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Capital über die Elektroauto-Offensive des Herstellers und den Umbruch in der Automobilbranche.
Daimler stehe aufgrund der Umwälzungen in der Branche „vor einer Transformation“, in der der Hersteller sein „eigener Wagniskapitalgeber“ sein müsse. Und das funktioniere nur mit einem starken Kerngeschäft – was bei den Stuttgartern der Fall sei. „Aber keiner ruht sich aus: Wir fahren unsere Ausgaben für Forschung und Entwicklung deutlich hoch. Weil wir wissen, dass der ÂKunde künftig andere Konzepte und Antriebe braucht“, so Källenius in dem Interview.
Um eine Nachfolge-Technologie für Verbrenner – die aber „noch viele, viele Jahre“ gebraucht werden – zu finden, habe Daimler „den Hebel umgelegt“. Die Stuttgarter wollen nun Elektroautos mit „höheren Reichweiten“ auflegen, da die Kunden erst dann die Technologie „mehr akzeptieren werden“, ist sich Källenius sicher: „Die Nachfrage wird steigen“. Der erste neue Daimler-Stromer soll im Jahr 2019 debütieren.
„Das Angebot an Elektroautos aus der deutschen Autoindustrie wird groß und gut sein“
Dass der Technologiewandel hin zu Elektroautos wie von vielen befürchtet zu einem massenhaften Verlust von Arbeitsplätzen führt, glaubt Källenius – wie viele andere Experten auch – nicht. Dass ein Elektroauto „wirklich weniger komplex“ sei als ein Verbrenner, kann der Manager nicht bestätigen: „Eine Hightech-Batterie zu entwickeln, die leicht und hochwertig ist und deutlich höhere Energiedichten hat als heute, ist nicht trivial“. Was aber stimme ist, dass „neue Technologien immer Industriestrukturen verschieben“. Nur passiere „dieser Wandel nicht schlagartig, sondern über 20 bis 25 Jahre“. Die Industrie müsse deshalb „auf den richtigen Zeitpunkt achten“ und „die Balance finden zwischen Marktentwicklung, Kosten und der Energiedichte der Batterien“.
Daimlers Planungsgrundlage sei eine Spanne zwischen 15 und 25 Prozent im Jahr 2025 für rein elektrische Fahrzeuge. Hinzu zu rechnen seien Plug-in-Hybride, und „alle anderen Verbrennungsmotoren werden auch elektrifiziert, mindestens mit 48 Volt. Das heißt, wir reden eigentlich von einer flächendeckenden Elektrifizierung in unterschiedlicher Ausprägung“.
Der Daimler-Manager ist „vorsichtig optimistisch“, dass Deutschland irgendwann ein Leitmarkt für Elektromobilität sein kann: „Nicht nur wir planen eine breite Palette, auch andere Hersteller. Das Angebot an Elektroautos aus der deutschen Autoindustrie wird also groß und gut sein“.
Quelle: Capital – „Wir sind unser eigener Wagniskapitalgeber“