Der Spiegel hat ein Kurzinterview mit dem Motorexperte Stefan Carstens geführt, welcher ein Unternehmen das auf Abgassensorik spezialisiert ist führt. Im Mittelpunkt des Gesprächs stand der ab 2017 verpflichtende neue Prüfzyklus WLTP. Carstens ist sich sicher, dass dieser die Automobiler treffen wird und zumindest ein wenig aufräumt und bisherige Schlupflöcher des aktuellen Prüfzyklus NEFZ ein wenig stopft.
So wird sich gerade hinsichtlich der Prüfkriterien einiges ändern, die Fahrzeuge sollen nicht mehr solange stillstehen und auch auf höhere Geschwindigkeiten beschleunigt werden, aktuell ist bei 120 km/h Schluss, zukünftig bei 131 km/h. Je nach Leistung des Fahrzeugs kann sich dies unterschiedlich auswirken. So werden bei Autos mit kleinen Motoren die Verbrauchsweste deutlich verschlechtert. Betrachtet man das gleiche Fahrzeug im NEFZ bei rund 34 kW, steigt der Wert beim WLTP auf 47 kW – eine deutliche Erhöhung.
Gerade für Kleinwagen bringt dies ernsthafte Probleme mit sich. Denn hier gestaltet sich das Zusammenspiel mit den strengeren CO2-Grenzwerten, die ab 2020 gelten, als Herausforderung. Ein Smart, der aktuell etwas unter 95 Gramm pro Kilometer liegt, wird beim WLTP Verfahren einen Wert von rund 105 Gramm aufzeigen. Gleiches gilt für den Renault Clio der den VW Up!
Der Diesel verabschiedet sich klammheimlich…
Dieser Meinung ist zumindest Carstens. Denn um bei „den schwereren Geschäftswagen und Luxuslimousinen wirtschaftliche Stückzahlen zu erreichen, müssen sie weltweit vermarktbar sein.“ Mit ein Grund dafür, dass die Dieselmotoren aus diesem Segment verschwinden werden, denn in China oder den USA spielen sie aktuell eh keine Rolle. Ersetzt werden diese dann wohl durch Plug-in-Hybride in Kombination mit Benzinmotoren. Kleinwagen und Mittelklasse Fahrzeuge lassen sich nicht so leicht umstellen, da dies alleine schon aus Kostengründe ein großes Problem ist.
Im neuen WLTP Verfahren werden gerade Dieselmotoren mehr gefordert. Wurden diese bisher beim NEFZ in ihrem „Idealbereich“ getestet, werden sie beim WLTP außerhalb dieses betrachtet. So müssen Dieselmotoren sowohl im Stadtbetrieb als auch bei hohen Geschwindigkeiten mit großem Aufwand sauber gehalten werden. Bedingt hierdurch benötigen diese mehr Kraftstoff in der Stadt. Auf der Autobahn, bei höheren Geschwindigkeiten, benötigen sie mehr Entstickunsmittel, wie zum Beispiel Adblue.
Schwächen hat das WLTP Verfahren natürlich auch. So nähren sich Kleinwagen bei den Verbrauchswerten mehr der Realität an. Modelle mit großvolumigen Motoren werden zukünftig im WLTP besser abschneiden als bisher. Erklären lässt sich dies dadurch, dass kleine Motoren bei höheren Geschwindigkeiten und schnelleren Beschleunigungen im WLTP stärker gefordert werden, was wiederum für leistungsstarke Aggregate ein Vorteil ist. Diese laufen dann in einem besseren Wirkungsgrad und können über weitere Strecken in einem hohen Gang und damit verbrauchsärmer zurücklegen.
Es zeigt sich also, dass mit dem WLTP Verfahren noch keine perfekte Lösung gefunden wurde. Aber zumindest nährt man sich der Realität Schritt für Schritt an.
Quelle: Spiegel.de – Neuer Prüfzyklus für Autos: „Das Verfahren wird den Diesel massiv treffen“