125 Kilometer Rückwärts: Rekordfahrt im Elektro-Lkw eActros 600

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Mercdes-Benz Trucks

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 5 min

Mercedes-Benz Trucks hat einen neuen Guiness-Weltrekord mit seinem batterie-elektrischen Fernverkehrs-Lkw eActros 600 samt Auflieger aufgestellt. Mit 124,7 rückwärts gefahrenen Kilometern hat der Hersteller den bisherigen Weltrekord im ununterbrochen Lkw-Rückwärtsfahren aus dem Jahr 2020, der bei rund 89 Kilometer lag und in den USA mit einem Diesel-Lkw aufgestellt wurde, um rund 36 Kilometer überboten.

Man könnte das ganze als Marketing-Gag abtun, mit den Rückwärtsfahrten will Mercedes-Benz Trucks auf relevante Themen für die Transportbranche und die Gesellschaft aufmerksam machen: Elektrifizierung, Verkehrssicherheit und Lkw-Fahrer-Image. Außerdem haben einige der Technologien im eActros nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass die Rekord-Rückwärtsfahrt gelungen ist. Sie dauerte bei durchschnittlich rund 20 Stundenkilometern etwa 6 Stunden und 22 Minuten und fand auf der Rennstrecke Motorsport Arena Oschersleben in Sachsen-Anhalt statt. Der Rundkurs ist mit seinen für Pkw ausgelegten 14, teils engen Kurven dann doch recht anspruchsvoll – bot für die Rekordfahrt dennoch weniger unkalkulierbare Risiken für einen Stopp und damit für einen Abbruch als öffentliche Straßen.

Marco Hellgrewe aus der Nähe von Berlin, Offizier bei der Bundeswehr und Lkw-Enthusiast, gab den Anstoß für den vollelektrischen Rekordversuch und hat den Rekord auch selbst eingefahren. Der 50-Jährige stellte seinen ersten Rückwärts-Rekord im Jahr 2008 auf. Damals legte er eine Strecke von 64 Kilometern mit einem Diesel-Lkw zurück. „Ich bin unglaublich stolz, dass ich gemeinsam mit Mercedes-Benz Trucks den Rekord wieder nach Deutschland geholt habe – und das weltweit erstmals vollelektrisch. Damit haben wir ein starkes Zeichen für die Zukunft alternativer Antriebe gesetzt“, sagte Hellgrewe nach der Rekordfahrt. „Die sehr lang andauernde Fahrt mit insgesamt 476 Kurven war eine enorme Kraftanstrengung – es war daher ausgesprochen hilfreich, dass der eActros 600 und seine Assistenzsysteme ein so komfortables Fahren ermöglichen.“

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„Ich bin davon überzeugt, dass wir auch für die Themen Verkehrssicherheit und Fahrer-Image, die mir als Prüfer von meist jungen Lkw-Fahrschülern besonders am Herzen liegen, eine breite Aufmerksamkeit hergestellt haben“, so Hellgrewe weiter. „Viele Menschen aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen, darunter auch zahlreiche Lkw-Fahrer und Fahrschüler, haben mich auf die Aktion angesprochen und mir sehr positive Rückmeldung gegeben.“

Der eActros 600 – das Elektro-Lkw-Flaggschiff von Mercedes-Benz

Mercedes-Benz Trucks feierte den Serienstart des eActros 600 Ende November vergangenen Jahres im Mercedes-Benz Werk Wörth. Seit Dezember wird er an Kunden ausgeliefert. Das Elektro-Flaggschiff von Mercedes-Benz Trucks hat sein Können bereits mehrfach unter Realbedingungen bewiesen: Im Kundeneinsatz, im Rahmen der „eActros 600 European Testing Tour 2024“, einer über 15.000 Kilometer langen vollelektrischen Entwicklungsfahrt durch insgesamt 22 Länder, sowie der „European Testing Tour Winter 2025“ auf rund 6500 Kilometern durch Nordeuropa – jeweils mit 40 Tonnen Gesamtzuggewicht. Des Weiteren wurde der E-Lkw zum „International Truck of the Year 2025“ gekürt. Die Auszeichnung ist der wichtigste Preis der Branche und wird von der International Truck of the Year (IToY) Organisation, bestehend aus 24 Nutzfahrzeug-Fachjournalisten aus Europa, jährlich verliehen.

Die hohe Batteriekapazität von mehr als 600 Kilowattstunden – daher die Typbezeichnung 600 – sowie eine neue elektrische Antriebsachse aus eigener Entwicklung, ermöglichen eine Reichweite des eActros 600 von 500 Kilometern ohne Zwischenladen. Diese Reichweite wird unter sehr realistischen, praxisnahen Bedingungen mit 40 Tonnen Gesamtzuggewicht erreicht und kann je nach Fahrweise und Strecke auch deutlich übertroffen werden. Der eActros 600 wird am Tag sogar weit über 1000 Kilometer zurücklegen können. Zwischenladen während der gesetzlich vorgeschriebenen Fahrerpausen macht dies möglich, sofern die Lademöglichkeiten vorhanden sind.

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Der eActros 600 verfügt über drei Batteriepakete mit jeweils 207 kWh. Diese bieten eine installierte Gesamtkapazität von 621 kWh. Die Batterien basieren auf der Lithium-Eisenphosphat-Zelltechnologie (LFP) und zeichnen sich durch eine hohe Lebensdauer aus. Die Entwicklungsingenieure von Mercedes-Benz Trucks haben den eActros 600 für dieselben Anforderungen an die Dauerhaltbarkeit von Fahrzeug und Komponenten wie einen vergleichbaren konventionellen schweren Fernverkehrs-Actros ausgelegt. Das bedeutet bis zu 1,2 Millionen Kilometer Laufleistung in zehn Betriebsjahren. Nach dieser Nutzungsdauer soll der Batteriezustand („State of Health“) noch über 80 Prozent betragen.

Elektronische Helfer zum Schutz von Verkehrsteilnehmern

Ein hoher Anspruch von Mercedes-Benz Trucks ist es, dass die Fahrerinnen und Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer sicherer unterwegs sind. Zu diesem Zweck unterstützen die in den verschiedenen Baureihen verfügbaren Assistenzsysteme unter anderem dabei, dass man als Fahrer Gefahren rechtzeitig erkennen, frühzeitig abbremsen und den Überblick über das Verkehrsgeschehen behalten kann. Die elektronischen Helfer können insbesondere dazu beitragen, dass Momente der Unachtsamkeit etwa aufgrund von Übermüdung, Stress oder Ablenkung für alle Beteiligten möglichst ohne schwere Folgen bleiben. Ob beispielsweise Active Brake Assist 6, Active Sideguard Assist 2, Front Guard Assist, Active Drive Assist 3, Traffic Sign Assist oder Aufmerksamkeitsassistent: Mit Sicherheitsfeatures wie diesen untermauert das Unternehmen seine Position als einer der Pioniere der Branche.

Mercedes-Benz Trucks verfolgt bei allen Assistenzsystemen das Ziel, den Fahrer innerhalb der Systemgrenzen beim Führen des Fahrzeugs so gut wie möglich zu unterstützen. Die Fahrenden bleiben jedoch, wie auch gesetzlich festgelegt, zu jeder Zeit für das sichere Führen des Fahrzeugs vollumfänglich verantwortlich.

Marco Hellgrewe am Steuer des eActros 600 während des Weltrekords im Rückwärtsfahren / Mercedes-Benz Trucks

Die MirrorCam, das von Mercedes-Benz Trucks entwickelte Spiegelkamerasystem, das beim Rückwärtsrekord eine wichtige Rolle gespielt hat, kann dazu beitragen, Situationen wie Überholen, Rangieren, Fahren bei schlechter Sicht und Dunkelheit, Kurvenfahrten und das Passieren von Engstellen noch sicherer und stressfreier zu bewältigen. Der Weitwinkelmodus beim Rückwärtsrangieren, Distanzlinien im Display zum besseren Einschätzen des Abstands zu Objekten hinter dem eigenen Fahrzeug, Mitschwenken des Kamerabildes bei Kurvenfahrten oder Überwachung des Fahrzeugumfelds während der Rast sind weitere hilfreiche Funktionen. Auch das Zusammenspiel der MirrorCam mit dem Abbiege-Assistenten von Mercedes-Benz Trucks, insbesondere in komplexen Verkehrssituationen und unübersichtlichen Kreuzungsbereichen kann dabei helfen, Gefahrensituationen zu entschärfen. Für die optischen Warnhinweise nutzt der Abbiege-Assistent das Display der MirrorCam.

Quelle: Daimler Trucks – Pressemitteilung vom 04.06.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Uwe Jenner:

Beeindruckende Leistung!

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