Die österreichische Plattform des Klima- und Energiefonds, e-connected, publiziert eine Ersparnis von 70 % der CO2-Emissionen beim Umstieg von Verbrennungsmotoren auf elektrisch betriebene Fahrzeuge im Individualverkehr. Diese Organisation ist offizielles Sprachrohr der österreichischen Bundesregierung und setzt sich mit den Herausforderungen des Klimawandels auseinander.
Das deutsche Umwelt Prognose Institut e.V. warnte hingegen dagegen im August 2015: Die hohen Subventionen von Elektroautos ohne Wenn und Aber führen nur dazu, die anfallenden Emissionen nicht zu erfassen zumal die Hersteller die Emissionen aus der Produktion nicht deklarieren müssen und so mit einer unrichtigen “Null” den Strafzahlungen entgehen.
Keine klare Aussage hinsichtlich CO2 Vorteile bei E-Autos
Divergierende Positionen wie diese finden sich massenhaft – doch wer hat Recht? Ein gefundenes Fressen für jeden Verschwörungstheoretiker – gepaart mit einem wahren Kern auf beiden Seiten befeuern sich politische Gegner und schlachten jeweils die globale Tragik für sich aus. Der Verbraucher ist auf sich gestellt – von zwingenden Kennzeichnungspflichten ökologischer Auswirkungen eines jeden Konsumguts sind wir weit entfernt, die angestrebten Freihandelsabkommen scheinen eine derartige Entwicklung im Keim ersticken zu wollen.
Andererseits haben wir ein weltweites Klimaabkommen. Beide Entwicklungen scheinen nicht unbedingt aufeinander abgestimmt. Bezogen auf die gegenständlichen Positionen in Sachen E-Mobilität: Wem vertraut man eher? Der kleinen NGO, als Bande von Öko-Freaks, die sich an Bäume ketten oder den als Polit-Lobbyisten gebrandmarkten Entscheidungsträgern, welche eine auserkorene Klientel mit Steuergeldern bereichert, die postwendend in die eigenen Reihen zurückfließen? Als bloße Metapher darf auch der Realist diese Zuspitzung einmal so stehen lassen und recherchieren, was dahinter steckt.
Regionale Emissionsfreiheit – was bringt´s unterm Strich?
Schon 2014 setzte sich „Die Zeit“ mit den Inhalten dieser Kontrahenten auseinander und differenziert sinnvollerweise in seinem Resümee: Lokale Emissionsfreiheit – ein unbestrittener Fakt beim Elektroauto– ist das Eine: ein Vorteil für einzelne Regionen, ein Mehrwert für unsere Kommunen, denen ein Gegensteuern der Folgen weiterer Industrialisierung nur recht sein kann.
Das Andere aber, regionale Emissionsfreiheit als Rechtfertigung für bundes- oder gar europaweite Subventionen heranzuziehen, wäre tatsächlich ein kleines Verbrechen am Intellekt der Menschen und der Geldbörse der Allgemeinheit. Denn hinsichtlich des Klimawandels liegt hier keine Verbesserung.
Auch Ersparnisse im Gesundheitswesen aufgrund der verringerten Stickoxide, die einem mit elektrisch betriebenen Fahrzeugen erspart bleiben, vermögen die Staaten als solche zu Recht begeistern. Reicht das aber aus, um als Ultima Ratio gegen den weltweiten Klimawandel zu dienen und ohnehin ein mehr an Förderungen verbrauchen, als gespart wird? Wohl kaum.
Und bis 2020, wenn die Abgasnorm 6 greift, müsste die Belastung ohnehin um ein Drittel sinken – auch mit herkömmlichen Antriebsmotoren. Die Kilowattstunde des heute typischen deutschen Strom-Mixes kommt auf 601 g CO2. Die gängigsten Modelle kämen pro Kilometer so auf 100-200 Gramm CO2 pro gefahrenen Kilometer.
Möchte man die “Wahrheit” recherchieren, so stößt man auf das bunteste Spektrum an Analysen, fragwürdigen Angaben, Meinungen und Studien. Dieser nur näher zu kommen erfordert einen hohen Zeitaufwand, gesunde Skepsis, Einbeziehung möglicher Absichten von Autoren gesteuert aus Wirtschaft und Politik, einen langen Atem und vielleicht auch eine Portion guten Humor.
Denn an diesem Punkt klaffen die gegensätzlichen Interessen in Form von Gewinnen aufeinander. Selbst als objektiver Autor steht man erst ratlos in der Mitte, denn ein komplexes Ineinandergreifen vieler fachspezifischer Fakten lässt sich nicht ohne Rückgriff auf vorhandene Daten analysieren. Wir sehen uns daher die aktuellen Meinungen der unterschiedlichen Interessensträger an.
Well to Wheel-Betrachtung
Fix ist: Man muss die bei der Produktion anfallenden Emissionen mit einbeziehen. Die obige Bezeichnung meint nichts anderes als die Energie-Bilanz aus der Produktion. Was nützt es hinsichtlich des globalen Klimas, lediglich die Ausstöße beim Betrieb zu erfassen während die Herstellung mit den meisten Emissionen belastet ist? Dies würde tatsächlich nur den Erzeugern nützen und führt Konsumenten auf eine falsche Fährte.
Wer die erhöhten Anschaffungskosten auf sich nimmt, hat ein Recht auf Information hinsichtlich der Öko-Bilanz seines Kaufs. Als Paradebeispiel für mangelnde Aufklärung gelten vor allem der KFZ-Bau, aber noch mehr die Landwirtschaftserzeugnisse. Wer, wobei auch immer, seriös die CO2-Ausstöße erfassen will, kommt nicht umher, die Produktion mit einzubeziehen. Das ist weder neu, noch besonders, sondern einfach logisch und wichtig. Und dem Elektroauto ist immanent, bei der Benutzung gegen ein Null zu tendieren, seine Herstellung aber ist unter ökologischer Betrachtung problematisch wenngleich eine stolze Null unter den Herstellerangaben prangt.
Aktuelle Problemfaktoren bei der Produktion
Was ist der wunde Punkt beim E-Auto, der sogar seine Existenz in Frage stellen möchte? Kurz gesagt: die Batterie, genauer: die benötigte Energiemenge beim Trocknen der Werkstoffe, die man bei ihrer Herstellung nur flüssig auf einer Folie fixieren kann. Die Hersteller müssen hierzu keine Daten herausgeben und schweigen sich auch aus. Das Institut für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg einzig trumpft dazu mit Zahlen auf, die schockieren: pro Kw/h an Kapazität der E-Autobatterie werden 125 Kg an CO2-Emissionen fällig.
Als Beispiel am Nissan Leaf für den Gesamtaufwand: Es sind 3 Tonnen CO2 pro Fahrzeug, rein für die Batterie, erforderlich. Dennoch: Der Bedarf wird durch die Lebensdauer im Vergleich zu konventionellen Antriebssystemen wieder kompensiert. Am Beispiel des genannten Modells sind es 28.000 gefahrene Kilometer, ab diesem Zeitpunkt ist im Vergleich zu einem Golf mit Kraftstoffantrieb die Anzahl an CO2-Ausstößen erreicht, die letzterer während seiner gesamten Lebensdauer verbrauchen wird. Insofern fährt der Nissan Leaf ab diesem Kilometerstand, auch “Well to Wheel-betrachtet”, mit einer “Null”.
Problematisch: Entsorgung der Batterien
Eine weitere Aufgabe liegt im Recyceln der Altbatterien. Eine Kooperation aus drei großen Unternehmen verwendet diese Altbatterien als Zwischenspeicher für Strom aus erneuerbaren Quellen, welche erst bei Bedarf den Strom ins Netz zurückspeisen und sozusagen zwischenlagern. Dieses Projekt bewährt sich zumindest im kleinen Rahmen.
In Westfalen wird ein weiterer “Second-Life-Batteriespeicher” erfolgreich betrieben. Mit der aktuell ziemlich geringen Anzahl an diesen Problemstoffen in Form von Elektroautobatterien, lassen sich derartige Projekte gut verkaufen. Würde aber die Mehrheit der Menschen eine solche retour bringen, gäbe es ein Problem. Außerdem verschiebt sich die Notwendigkeit der Entsorgung lediglich um rund 10 Jahre.
Wenn das Elektroauto weiter verbreitet ist und wirklich in Masse Altbatterien vorhanden sind, ist ein klar geregeltes Recyclingsystem notwendig.
Stand der Wissenschaften mit 2016
Seit dem Sommer 2016 sind zumindest genaue Zahlen bekannt, die gezielte Vergleiche ermöglichen. Freilich unter “Well to Wheel-Betrachtung” erhob es alle Faktoren und kam mit dem aktuellen Stand auf folgendes Resümee:
Während des gesamten Lebenszyklus eines Elektroautos verbraucht es im Vergleich zu fossil betriebenen Autos nur ein Viertel bis ein Drittel. Stellt man ihm den Verbrauch eines Hybrides gegenüber, so ergibt sich selbst zwischen diesen beiden Arten eine Verringerung des Bedarfs um 50 – 70 Prozent. Der Materialaufwand ist bei allen gleich. Die hohe Relevanz der Quellen des zu verbrauchenden Stroms wird bei allen seriösen Erhebungen, so wie bei dieser Studie, immer betont,
Aussichten CO2-Emissionen
Das Institut für Energie und Umweltforschung Heidelberg untersucht Detailfragen aus dem Gesamtkomplex und trumpft immer wieder mit neuen, interessanten Berechnungen auf. Jene Aspekte, die demzufolge stark verbesserungsbedürftig sind, lassen sich wie folgt zusammenfassen:
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Käme es zu einem geringeren Materialbedarf bei der Batterie, so würde das Ausmaß an notwendiger, elektrischer Trocknung reduziert. Eine intensivierte Forschung dazu ist zu erwarten.
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Anderer Strommix: Steigt der Anteil erneuerbarer Energien in der Stromgewinnung, so schlägt dies direkt kompensatorisch zu Buche.
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Eine höhere Energiedichte brächte weniger Gewicht beim elektrochemischen Speicher. Auch daran sollte künftig verstärkt gearbeitet werden.
So wäre es möglich, bis 2030 die CO2-Emissionen auf ein Drittel zu reduzieren. Mit dem Stand von heute allerdings nicht. Mit Jahresende betont das Institut außerdem die Dringlichkeit, auch den Güterverkehr umzurüsten. Selbst beim Individualverkehr liegen die Verkaufszahlen des Elektroautos hinter den Erwartungen der deutschen Bundesregierung. Nicht nur die Regierungen sind gefordert, es betrifft uns alle.